Review: The Libertines live in London und Berlin

The Libertines
Vorab: Let’s get straight to the heart of the matter…

The Libertines stehen seit Jahren nicht nur für Skandale, Drogen-Exzesse und sonstige illustre Ausschweifungen, sondern auch einfach mal nach wie vor für verdammt gute pure, raue, die Seele vereinnahmende Gitarren-Musik. Wohl kaum eine Band hat mich Anfang der Nuller Jahre, seit der Mainstream-Auflage des Indie-Rock so gepackt wie die Band um Pete Doherty und Carl Barât. Sicher auch gerade wegen der rüpelhaft-rotzigen Attitude ihrer beiden Hauptprotagonisten. Und der Songtexte wegen, die den Anfang 2000er Zeitgeist auf den Punkt gebracht und die Gedankenwelt meines 20-Jährigen Ichs ziemlich gut eingefangen haben. Da waren sie nun, diese temporeichen, schrammeligen Tracks wie „What a Waster“ und „Can’t stand me now“, die in meinem Autoradio in der Dauerschleife liefen. Da war dieser Pete Doherty, der eigentlich bis heute aussieht wie ein englischer, ständig zersauselter Lausbube, der nur Flausen im Kopf hat. Die Libertines waren jung, verrückt, wild, experimentierfreudig und kopflos. Ein wenig sind sie das wohl auch heute, 11 Jahre nach dem Erscheinen des zweiten, selbstbetitelten Albums, noch. Ein Glück für die heutige ansonsten doch eher hochpolierte Pop-Kultur. Und Glück für mich die wiedervereinigte Band in der Londoner O2 Arena und in der Berliner Columbiahalle nach all den Jahren endlich live erleben zu können.

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The Libertines: „Anthems For Doomed Youth“

They just don’t make that kind of license anymore
That way of life anymore
That type of world anymore
(The Milkman’s Horse)

Wenn The Libertines nach elf langen Jahren ein drittes Studioalbum auf den Markt werfen, wird es wohl auch endlich wieder höchste Zeit für einen aktuellen Beitrag bei Vetorecords. Huhu, ja, wir leben noch, past Elvis quasi! Genau wie der nach einem in Thailand erfolgreich absolvierten Drogenentzug nun angeblich cleane Peter Doherty. Totgesagte leben eben länger. Und das Band einer richtig guten Männer-Freundschaft wie die der beiden Libertines-Gründer Doherty und Barât ist eben trotz aller vergangenen Zwistigkeiten doch nie ganz gerissen. So gab es bereits in den letzten Jahren vereinzelt immer mal wieder kurze gemeinsame Bühnen-Auftritte der beiden bis sie sich schließlich dazu entschlossen gemeinsam an neuen Songs zu arbeiten.

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It’s Disco-Time! So war’s bei Arcade Fire im Berliner Astra

Ein Plakat, einer unbekannten, mysteriösen Band namens The Reflektors, das kurzzeitig Anfang November an der Oberbaumbrücke im Berliner Bezirk Friedrichshain gesichtet worden war, hatte den Stein ins Rollen gebracht. Nur wenige Minuten hatte das Poster, das „the new sensation from Montreal“ für den 19. November im Astra Kulturhaus ankündigte, dort verweilt bevor es durch ein anderes überklebt und damit ersetzt worden war. Lang genug jedoch, um Cover-Artwork und den Titel des aktuellen Arcade-Fire-Albums als findiger Fan sofort zu erkennen. Und es hatte sich ja inzwischen auch herumgesprochen, dass die kanadische Band in ihrer Heimat bereits einige kleine Club-Geheim-Gigs unter dem Pseudonym The Reflektors absolviert hatte.

Im Web verbreitete sich die Nachricht, dass Arcade Fire, ihres Zeichens Grammy-Gewinner und Stadien-Füll-Band, ein kleines, intimes Konzert vor ein paar hundert Leuten spielen würden, wie ein Lauffeuer. Einzige Bedingungen: Eine Verkleidung oder elegante Abendgarderobe als Dress-Code sowie eine Handvoll Glück beim Online-Ordern der höchstens zwei personalisierten Tickets, die natürlich innerhalb von knapp fünf Minuten ausverkauft und im Nachgang bei ebay manchem Fan bis zu 400 Euro pro Stück wert waren. Aber hey, es ging hierbei eben um eine verdientermaßen inzwischen ziemlich bekannt gewordene Band, die man sicher so schnell nicht wieder in so einem kleinen Rahmen erleben können würde.

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„You left me sad and high“: So war’s bei The National in der Berliner Max-Schmeling-Halle

Ab etwa dem letzten Drittel des Konzerts gab es die gelockte Tänzerin neben mir auf, sich ekstatisch zuckend zu jedem auf der Bühne vorgetragenen Song zu bewegen. Vielleicht hatte sie sich müde getanzt. Vielleicht hatte sie es selbst bemerkt, dass die meisten Songs einfach eher zum schwelgenden Mitwippen einluden, statt zum wilden Herumhopsen. Eine dritte Vermutung wäre, dass sie sich ganz zur Bühne vorgekämpft hat, um den Rotwein genießenden The-National-Frontmann Matt Berninger aus der Nähe zu betrachten, wie er verloren auf der Bühne herumtigerte und sich mit schmerzverzerrtem Gesichtsausdruck in einen wahren Melancholie-Rausch sang.

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Quick Rewind: Der Vetorecords-Kurz-Check

Die Blätter an den Bäumen färben sich bunt und die Supermarkt-Regale sind bereits seit Wochen mit Spekulatius, Lebkuchenherzen und Schoko-Weihnachtsmännern gefüllt. Es ist also allerhöchste Zeit, um mal wieder einen Blog-Eintrag abzusetzen. Zeit auch, um vielleicht einmal wieder eine Bestandsaufnahme zu machen, von dem, was sich musikalisch in den letzten Wochen und Monaten so getan hat. Darum hier jetzt mal ein kurzer Review-Abriss der für mich spannendsten Alben der letzten Wochen.

Travis – „Where You Stand“

Und plötzlich waren Travis dieses Jahr wieder da. Wie ein alter Freund aus der Kindheit, der einem irgendwie im Gedächtnis haften geblieben ist, obwohl der Kontakt doch in den letzten Jahren eher nur noch spärlich vorhanden war. Schließlich sind seit dem letzten Tonträger der Band, „Ode To J. Smith“, ganze fünf Jahre ins Land gezogen. Fünf Jahre, in denen die einzelnen Band-Mitglieder ihre eigenen musikalischen Wege gegangen sind. Und fünf Jahre, die vielleicht nötig waren, um sich als Gruppe wieder frisch und unbedarft an ein neues Werk zu wagen. Und so klingen die Songs auf dem aktuellen Studioalbum Where You Stand inspiriert und frisch. Ein Pop-Album mit wunderbar leichten Melodien, verträumten Balladen und facettenreichen Arrangements. „Moving“ dürfte dabei jetzt schon mit Songs wie „Turn“ oder „Why Does It Always Rain On Me?“ mit in die Geschichte der unvergesslichsten Travis-Songs eingehen. „Why did we wait so long“, fragt Frontmann Fran Healy im Opener „Mother“. Nun, weil lang ausgereifte Arbeit sich eben manchmal lohnt.  Oder umgangssprachlich ausgedrückt: Gut Ding will Weile haben. Where You Stand ist ohne Frage das beste Werk der Schotten seit The Invisible Band.

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